Außenarbeiter sind durch UV-Strahlung einem erhöhten Hautkrebsrisiko ausgesetzt. Doch wie der erste Agrar-Bericht der IG BAU zeigt, scheint der Sonnenschutz in der Landwirtschaft noch nicht angekommen zu sein, allen Arbeitsschutzbestimmungen zum Trotz.
„Während die Landwirtschaft immer moderner wird, spiegelt sich das in den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten noch längst nicht überall wider“, sagt Harald Schaum, stellvertretender Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Mit dieser Einschätzung bezieht er sich auf den ersten Bericht zur bundesweiten IG-Bau-Aktion „Saisonarbeit in der Landwirtschaft“.
Darin werden Rechercheergebnisse aus der Erntesaison 2018 dargestellt. Befragt und zugleich informiert wurden rund 1.300 saisonal Beschäftigte an 20 Terminen. Sie berichteten von den extremen Arbeitsbedingungen. Demnach erhielten die Beschäftigten sehr häufig keinen ausreichenden Sonnenschutz. Es fehlte an Kopfbedeckungen, Sonnenschutzkleidung und Sonnencreme. Es wäre auch keineswegs selbstverständlich, den in der Sonne Arbeitenden Wasser zur Verfügung zu stellen, heißt es in dem Bericht. Zudem beklagten sich die Erntehelfer über den Mangel an Schattenplätzen für die Pause.
Prof. Swen Malte John, Leiter der Abtlg. Dermatologie an der Universität Osnabrück ist nicht überrascht von dem Ergebnis der Untersuchung. „Alle Studien zeigen, dass das Problembewusstsein für Hautkrebs leider bisher bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern weitgehend fehlt,“ so John: „Dabei ist Hautkrebs durch Sonne am Arbeitsplatz derzeit schon die dritthäufigste gemeldete Berufskrankheit, mit steigender Tendenz. Wenn sich daran etwas ändern soll, ist der flächendeckende und konsequente Einsatz von den oben aufgezählten Maßnahmen zum individuellen Sonnenschutz zwingend! Die Landwirtschaft, gerade beim Ernteeinsatz wie der Spargelernte, steht auch ganz vorn in den stark UV-exponierten Berufen, da ist dringend Handeln angesagt.“
Wie viele Betriebe dies betrifft, kann die Gewerkschaft nicht exakt beziffern. „Viele der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen nicht einmal, wie der Betrieb heißt, auf dem sie arbeiten oder möchten es nicht preisgeben“, erklärt Sarah Kuschel. Sie ist Fachreferentin Agrar und Forst bei der IG BAU.
In Deutschland arbeiten jedes Jahr rund 300.000 Erntehelfer aus dem europäischen Ausland. Dies entspricht etwa 60 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft und dem Gartenbau. „Das Fatale ist, viele kommen aus Ländern, in denen das Bewusstsein für den notwendigen Eigenschutz noch sehr gering entwickelt ist es und kaum Hautkrebsfrüherkennungsangebote gibt. Daher wird dort Hautkrebs oft erst sehr spät erkannt was eine deutlich höhere Sterberate als in Deutschland zur Folge hat,“ zeigt sich Prof. John alarmiert.
„Solar bedingter Hautkrebs ist als Berufskrankheit zwar inzwischen vom Gesetzgeber anerkannt. Was den konsequenten Schutz am Arbeitsplatz angeht, sind wir jedoch bei weitem noch nicht am Ziel“ so Prof. John. „Hautärztinnen und Hautärzte leisten dazu mit ihrer Initiative „Haut&Job“ wertvolle Aufklärungsarbeit.
Prof. John ist Leiter des „EPOPS“-Netzwerks, das sich zum Ziel gesetzt hat, UV-Schutzstandards am Arbeitsplatz in ganz Europa bekannt zu machen und zu implementieren. Die Weltgesundheitsorganisation hat das Thema ebenfalls aufgegriffen und unternimmt jetzt große Anstrengungen, um weltweit die Krankheitslast von Hautkrebs durch Sonne bei Außenbeschäftigten zu erfassen. John, der dies Vorhaben koordiniert: „ Wir stehen hier allerdings in vielen Ländern noch am Anfang.“
A. Riehl/bvdd 13.03.2020