Haut&Job 2018 UV-Schutztag in Lübeck leistet Aufklärung städtischer Mitarbeiter

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Was engagierter Arbeitsschutz in Unternehmen leisten kann, hat die Stadt Lübeck an ihrem „Aktionstag UV-Schutz im Beruf“ vorgemacht: Im Rahmen von „Haut&Job“ konnten Prof. Swen Malte John und Prof. Eckhard Breitbart für die Aufklärung der städtischen Außenarbeiter in Sachen UV-Schutz am Arbeitsplatz gewonnen werden.

Gruppenbild in einem Seminarraum
Initiatoren und Referenten des Aktionstages UV-Schutz im Beruf auf einem Bild (v. l.): Prof Swen Malte John, Timo Heepenstrick, Dr. Ina Barleben, Prof. Eckhard Breitbart, Gabriele Matthes und Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau wha/BVDD

Fahren Sie Ihren Altvorderen mal mit der Hand über den Kopf, da werden Sie unter Um-ständen raue Stellen fühlen“, fordert Prof. Swen Malte John die Zuhörer im obersten Stockwerk des Verwaltungszentrums der Stadt Lübeck auf. „Das sind frühe Formen von hellem Hautkrebs, sogenannte aktinische Keratosen“, erläutert der Leiter des Fach-gebiets Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitswissenschaften der Universität Osnabrück weiter. Gespannt hören die rund 100 städtischen Bediensteten zu, darunter Außenarbeiter wie Gärtner, Förster, Ordnungsamtsmitarbeiter und Zimmerer. Sie sind an diesem für den Sommer untypisch verregneten Morgen zum „Aktionstag UV-Schutz im Beruf“ gekommen, der auf Initiative der Abteilung Arbeitsschutz der Stadt Lübeck stattfindet. Dabei werden die städtischen Mitarbeiter mit Fachvorträgen und Kurzfilmen auf die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen hingewiesen.

„Wir haben den Schwerpunkt gewählt, da unsere Außenbeschäftigten einer erhöhten UV-Strahlung ausgesetzt sind“, erläutert Betriebsärztin Dr. Ina arleben. Weder bei Arbeitnehmern noch bei Arbeitgebern seien die dadurch entstehenden Gefahren ausreichend im Bewusstsein, ergänzt Gabriele Matthes, Sicherheitsingenieurin bei der Stabs- stelle Arbeitsschutz. Vor diesem Hinter-grund haben die beiden die Initiative ergriffen und den Aktionstag geplant und organisiert. Im Vorfeld konnten sie renommierte Experten zu dem Thema als Referenten gewinnen. Prof. Eckhard Breitbart und Prof. Swen Malte John  waren direkt bereit, den Tag persönlich zu unterstützen.

Für John ist es eine ideale Gelegenheit, die Botschaft der von ihm ins Leben gerufenen Aktionswoche „Haut&Job“ an Arbeiter, die der Sonne ausgesetzt sind, weiterzugeben: Man kann sich vor Haut-krebs gut schützen, mit viel weniger Auf-wand als beispielsweise gegen Asbest, man muss es nur tun. „Warum hat mir das keiner gesagt, ich hätte mich doch geschützt“, ist der häufigste Satz, den er von Hautkrebspatienten zu hören bekomme, berichtet John. Die Bilder, die er von Plattenepithelkarzinomen und Basalzellkarzinomen zeigt, „sehen nicht hübsch aus“, wie er selbst betonte, „aber ich zeige sie bewusst, damit Sie sehen, was man vermeiden kann, wenn man sich gegen Sonne schützt.“ Die Botschaft kommt an, insbesondere als John zu  Demonstrationszwecken UV-Schutz- Arbeitskleidung inklusive Käppi mit  Nackenschutz überstreift.

Zudem erinnert er an die BK 5103. „Wenn Sie jemanden in der Familie haben, der sich beruflich der Sonne ausgesetzt hat und entsprechende Veränderungen entwickelt, denken Sie daran, dass Sie ihn zum Dermatologen schicken“, so John. Es könne sein, dass damit ganz erhebliche Ansprüche finanzieller Art an die gesetzliche Unfallversicherung verbunden sind. Hinzu komme, dass heller Hautkrebs eine chronische Erkrankung ist. „Wenn Sie den ersten hatten, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass im ersten Jahr schon der nächste kommt, bei 30 Prozent“, erläutert John. Die Haut spare an in Bezug auf UV-Schäden, die sie ein ganzes Leben lang sammelt, und präsentiere die Rechnung dann über viele Jahre.

Vorsorge soll gestärkt werden

Sonnenschutz sollte nach dem TOP-Prinzip erfolgen, empfiehlt der Osnabrücker Dermatologe, also durch technische Maßnahmen wie Sonnensegel, durch organisatorische Maßnahmen wie das Verlagern von Arbeitsabläufen in die frühen Morgenstunden und schließlich durch die persönliche Schutzausrüstung wie Kleidung und Sonnenschutzmittel. Darüber hinaus berichtet John, dass man auch auf der Seite der Gesetzgebung als Dermatologen aktiv sei. So soll die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung mit Blick auf den UV-Schutz weiterentwickelt werden. „Es gibt bereits konkrete Vorschläge“, sagte John. Deren Umsetzung würde seiner Ansicht nach vielen Menschen im Alter das Leid eines Hautkrebses ersparen.
Welche Vorschläge dies konkret sind, stellt der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, Prof. Eckhard Breitbart, den Bediensteten der Stadt Lübeck vor. Demnach soll künftig jeder eine Pflichtvorsorge erhalten, der arbeitstäglich mindestens drei Stunden an mindestens 40 Prozent der Arbeitstage in den Monaten April bis September und dabei in der Zeit zwischen zehn und 15 Uhr solarer UV-Strahlung ausgesetzt ist. „An dieser Untersuchung“, so Breitbart, „führt bei Erfüllung dieser Kriterien kein Weg vor-bei, wenn denn die Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden.“

Die Pflichtvorsorge – durchzuführen durch einen Arbeitsmediziner – beinhaltet nach den Worten Breitbarts sowohl eine Beratung in Sachen UV-Schutz als auch eine Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs. Ergänzt wird die Pflichtvorsorge den Plänen nach durch eine Angebotsvorsorge für Personen, die arbeitstäglich mindestens eine Stunde an 40 Prozent der Arbeitstage in der genannten Zeit in der Sonne arbeiten. Der Buxtehuder Dermatologe empfiehlt, dieses Angebot anzunehmen und ist gleichzeitig überrascht, wie viele auf die Frage, wer denn schon das gesetzliche Hautkrebsscreening in Anspruch genommen hat, die Hand heben.

Belastungsdaten für verschiedene Tätigkeiten

Neben den medizinischen Aspekten konnte Timo Heepenstrick vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) anhand der Messwerte aus dem Forschungsprojekt GENESIS-UV konkret darlegen, welche Berufsgruppen besonders hohen Dosen an UV-Strahlung aus-gesetzt sind. Im Rahmen des Projektes werden detaillierte Belastungsdaten für die verschiedensten Tätigkeiten im Frei-en gesammelt und ausgewertet. Seit 2014 tragen dazu 800 Beschäftigte unter-schiedlicher Berufe jeweils von Anfang April bis Ende Oktober Dosimeter am Oberarm, um die Strahlung zu messen.

So erreichen beispielsweise Maurer im Jahr 543 Standard-Erythem-Dosen (SED). Eine reicht bereits aus, um beim Hauttyp eins Sonnenbrand auszulösen. Wasser-bauwerker kommen auf 422 SED, Städtereiniger immer noch auf 135 SED. Als Beispiel nannte Heepenstrick zudem Briefzusteller (250 SED) und machte auf einen interessanten Unterschied zwischen solchen, die zu Fuß unterwegs sind, und solchen, die das Fahrrad nutzen, aufmerksam: Wer zu Fuß unterwegs ist, bekommt nur etwa die Hälfte der Jahresdosis ab.

Die Erklärung des Wissenschaftlers erscheint logisch: Mit dem Fahrrad fährt man auf der Straße, auf dem Bürgersteig läuft man eher im Schatten der Häuser. Es gelte also, ganz genau hinzuschauen, wo ein Arbeitnehmer konkret im Einsatz ist, um die Schutzmaßnahmen optimal anpassen zu können.